der-traumpirat-teil-1

Der Weißschädelde Teufel

 

Wie Hans zu seinem Beinamen kam…

………..

Eines Tages hatte Onkel Franz einen alten abgestorbenen Baum mit einer Säge aus dem Holzschuppen hinter dem Haus abgesägt. Danach pflanzte er drei neue Bäumchen im Garten an. Hans hatte ihn dabei die ganze Zeit beobachtet.

Besonders das Absägen hatte ihm so gefallen, dass sich in ihm ein unsäglicher Nachahmungstrieb regte. Und nachts träumte er von einer Riesensäge – und von Monika.

Der nächste Tag war ein sonniger Sonntagmorgen. Herr und Frau Federl waren in die Kirche gegangen. Der Vater, ein Polizist hatte Nachtdienst gehabt und so schliefen seine Eltern noch, als er gelangweilt in den Garten hinter dem Haus ging. Als er am Holzschuppen vorbeikam, lehnte da noch – die Säge von Onkel Franz!

„Nimm mich!“ flehte sie ihn an.

Und er nahm sie, wog sie hin und her, machte ein paar Schnittbewegungen und schaute sich etwas unbefriedigt suchend um. Er brauchte etwas zum Sägen. Aber er fand kein vertrocknetes Bäumchen. Die einzigen Bäumchen waren die neu Gepflanzten. Da standen sie! Alle drei. Schön auseinander. Er konnte nicht wiederstehen und begann am ersten Bäumchen ein bisschen die Wirkung einer Säge auszuprobieren. Das ging ja hervorragend. Man konnte damit tatsächlich das ganze Bäumchen durchsägen! Nun bereits geübt wollte er seine neue Fähigkeit gleich weiter anwenden und so fielen auch gleich die restlichen beiden Bäumchen der immer geschickter werdenden Hand zum Opfer.

Ganz sicher war er sich nicht, ob Onkel Franz damit einverstanden gewesen wäre. Er hatte eher ein dumpfes Gefühl von Schuld. Und so trottete er mit gemischten Gefühlen von dannen, teils stolz auf seine Leistung, teils geplagt von schlechtem Gewissen.

Die Federl waren vom Kirchgang zurück. Plötzlich erklang ein Schrei aus dem Garten:

„Hundskrüppel verreckta! Kreiz-Birnbam-Hollastaun!“[1]

Durch den Schrei wachte der Vater auf, ging seiner Polizistenpflicht bewusst in den Garten, um möglicherweise nach dem Rechten zu schauen. Franz erzählte ihm was geschehen war.

„Dei weißschädelder Teifi hot meine Bam umgsagt!“[2]

Vater erblasste. Sein Sohn! Ein Polizistensohn! Eine größere Schande hätte ihm wahrscheinlich nicht angetan werden können. Zu Hans gewandt, der inzwischen auch erschienen war, und der sich nun sicher war, dass Franz seine Tat keinesfalls bewunderte, sagte der Vater mit eng zugekniffenen blutleeren Lippen:

„Komm mal mit in die Wohnung“.

Und nun erfuhr Hans das erste Mal, warum seine Angst gegenüber dem Vater nicht unbegründet war. Dieser stellte einen Stuhl in die Zimmermitte und befahl Hans:

„Hose ausziehen!“ ……….

[1] Hundskrüppel verreckta: Extrem aggressiver bayrischer Ausdruck, um seinem Ärger Luft zu machen und den Täter als hinterhältigen Bastard zu verfluchen.
Kreiz-birnbam-Hollastaun: „Kreuz-Birnenbaum – Hollunderstrauch“ Fluch, der der Verärgerung und gleichzeitig Verwunderung Ausdruck gibt.

[2] Dein weißschädelder Teufel hat meine Bäume umgesägt.